Hallo Christian,
du warst viele Jahre lang Betreuer in unserer ersten Männermannschaft und hast diese bis hin zur Landesklasse unterstützt. Du hast Höhen und Tiefen miterlebt.
Wie hast du die Zeit in unserem Verein in Erinnerung behalten?
Christian Seeber: „In sehr guter Erinnerung. Es waren damals in mancher Hinsicht nicht immer gerade die rosigsten Zeiten des Vereins. Zu meiner Anfangszeit hatten wir z.B. sportlich gesehen, in der Kyffhäuserliga noch unsere Müh und Not, aber in schweren Zeiten zeigt sich auch immer die Stärke eines Vereins. Der Zusammenhalt prägte schon damals BW91, wodurch ich wirklich viele gute Erinnerungen an die damalige Zeit habe. Zumal ich während “meiner Zeit” auch diverse sportliche Etappensiege und Erfolge, dazu später mehr, in meiner Funktion als Mannschaftsbetreuer begleiten und miterleben durfte.“

Welches Spiel war dein Highlight?
Christian Seeber: „Oha, da gab es doch so einige, explizit kann ich da gar kein Einzelnes nennen.
Ein Highlight war sicher das Spiel gegen den VfB Oldisleben am letzten Spieltag der Kyffhäuserliga-Saison 2007/08, das vor heimischer Kulisse vor ca. 400 Zuschauern mit einem spannenden 2:2 endete und wir damit den Aufstieg gegenüber Empor Sondershausen in die Bezirksliga feiern durften. Ein Aufstieg am letzten Spieltag, emotionaler geht es kaum. 

Ein Jahr später bescherte uns ein 3:0-Derbysieg gegen den VfB aus Artern, ebenfalls am letzten Spieltag, den Klassenerhalt in der Bezirksliga hinter dem VfB Apolda und vor den drei Absteigern aus Erfurt.
Ein weiteres Spiel, was für mich und sicher viele der damaligen Akteure auf und neben dem Platz noch in Erinnerung geblieben ist, war der vorentscheidende und hart umkämpfte 0:1-Auswärtssieg am sogenannten Roten Wehr beim SV 62 Westgreußen. Am Ende hielten wir mit einem Punkt Vorsprung vor Westgreußen die (Bezirks-)Klasse.
Außerdem zu nennen: der letzte Spieltag der Kreisoberliga-Saison 2012/13 – ein Derby im heimischen Wipperstadion gegen die Kali-Kicker aus Roßleben, welches 3:3 endete, hab ich natürlich ebenso noch in bester Erinnerung, da wir im Anschluss die legendäre Aufstiegsfeier in die Landesklasse feierten.
Und natürlich, schon allein auf Grund der Kulisse (fast 1700 zahlende Zuschauer) und des sportlichen Niveau, unser Heim-Spiel in der ersten Runde des Thüringenpokals gegen CZ Jena. Auch wenn die Früchte, wie zu erwarten, für uns zu hoch hingen und es sportlich nichts zu holen gab, so war es dennoch in vielerlei Hinsicht ein unvergessliches Erlebnis. Auch wenn RWE für mich persönlich eher das Traumlos gewesen wäre.“

Irgendwann war allerdings Schluss für dich. Wie war der Schritt weg vom Fußball? Ist er dir schwer gefallen?
Christian Seeber: „Ja, während der Landeklasse-Saison änderte sich vieles aus privater und beruflicher Sicht bei mir, sodass es mir nicht möglich war, den nötigen Zeitaufwand besonders am Wochenende zu betreiben. Natürlich ist mir der Schritt schwer gefallen, wie sicher jeder Andere im Verein auch, steckte ich viel Herzblut in meine Tätigkeit. Aber wenn es nicht mehr geht, muss man halt auch Platz machen und ich wusste ja, dass ich meine Aufgaben in gute & verantwortungsvolle Hände gebe, in deine(Anmerkung d. Redaktion: Julia Ritter).“ 

Du hast damals einige Spieler betreut, die jetzt in der Thüringenliga Fuß gefasst haben. Wie bewertest du die Entwicklung dieser einzelnen Spieler?
Christian Seeber: „Naja, ganz so Viele sind es nun nicht mehr. Die meisten Spieler aus dem jetzigen Kader, kenne ich eher aus deren Juniorenzeiten. Aber z.B. an Robert Ränkes Anfangszeit kann ich mich noch ganz gut erinnern und auch an die von Philip Schwabe. Philip hat sich fitnesstechnisch enorm entwickelt und Robert vergisst inzwischen den Ball bei seinen, nach wie vor, pfeilschnellen Sprints nicht mehr ‘mitzunehmen’.
Nein, Spaß beiseite, man sieht schon große Sprünge und eine gute Entwicklung im Vergleich zu ihren Anfangszeiten im Männerbereich bzw. zu anfänglichen BW91-Zeiten. Robert kam ja einst aus Greußen. Da kann ich nur den Hut ziehen, wie generell vor der gesamten Mannschaft.
Besonders freute es mich natürlich für einen ganz “Alten” meiner damaligen Weggefährten, Daniel Hinsche, dass er noch auf seine “alten” Tage das Debüt in der Thüringenliga feiern durfte. Daniel lebt für den Fußball. Als ich Daniel letztes Jahr bei einem privaten Besuch bei ihm zu Hause fragte, wie lange er denn noch spielen will, antworte er spontan “so lange mich meine Beine noch tragen”, das sagt alles!“ 

Auch der Verein hat sich über die Jahre hinweg weiterentwickelt. Hast du das Geschehen rund um den Verein weiterhin verfolgt?
Christian Seeber: „Ja natürlich, das Interesse am Verein war und ist ja auch meinerseits nach wie vor ungebrochen, auch wenn es mich vor einigen Jahren dann privat endgültig in die Lutherstadt Eisleben und beruflich nach Halle/Saale verschlagen hatte. Dazu fällt mir der damals und vermutlich auch heute geläufige Spruch im Verein ein: “einmal Blau-Weiß, immer Blau-Weiß”. Und so ist es auch. Sobald es mal die Zeit (und die Familie “erlaubt” ) mir möglich macht, versuche ich wenigstens das ein oder andere Heimspiel zu sehen, was sich auch immer wieder dank vieler herzlicher Begrüßungen wie ein “nach Hause kommen” anfühlt. 
Und ich, der z.B. das Geschehen rund um den Verein größtenteils aus organisatorischen Gründen nur noch aus der Ferne betrachten kann, kann nur sagen, dass es eine feine Sache ist, wie sich der Verein inzwischen auf den sozialen Kanälen und generell im Internet präsentiert. So kann man sich immer auf den Laufenden halten, ein großes Lob mal gleich hier dafür!“

Du warst immer mal wieder am Spielfeldrand zu sehen. Welches Spiel unserer ersten Männermannschaft hat dir zuletzt am Besten gefallen?
Christian Seeber: „Da gibt es zwei Spiele, die mir spontan einfallen. Zum einen das damalige Spitzenspiel im April 2019 zu Hause gegen den Tabellen-Zweiten Erfurt Nord. Ich hatte einige Zeit kein Spiel mehr gesehen und wollte mir nun endlich ein Bild davon machen, ob die Gegner in der Landesklasse derzeit etwas schwächeln oder BW91 tatsächlich so stark ist und verdient als Tabellenführer thront. Und was soll ich sagen? In der Halbzeitpause musste ich mich tatsächlich erstmal etwas sammeln, da ich regelrecht begeistert und euphorisiert vom Spiel unserer Mannschaft war. Wir führten hochverdient gegen das bekanntlich zweitbeste Team aus der Landeshauptstadt bereits zur Pause mit 2:0, was auch den Endstand bedeutete. Einziger Wermutstropfen in diesem ansonsten überragenden Spiel war sicher die schwere Verletzung von Erik Siebenhüner, der übrigens hoffentlich bald wieder beschwerdefrei zu alter Stärke findet. Ein ganz wichtiger Spieler auf dem Platz mit sehr viel Übersicht, das ist mir bereits damals in dieser einen Halbzeit gegen Erfurt-Nord aufgefallen. 
Das letzte Spiel, was mir am besten gefallen hat, war euer vorletztes Saisonspiel, das Thüringenliga-Heimspiel im Oktober ’20 gegen den FSV Ohratal. Das Spiel begann denkbar schlecht für Blau-Weiß, die Gäste führten bereits nach fünf Minuten (!) mit 0:2 auf unserem Geläuf. Nach und nach kämpften die Blau-Weißen sich aber regelrecht in die Partie, erzielten noch kurz vor der Pause den wichtigen Anschluss, drehten dann in der zweiten Hälfte mächtig auf und gewannen noch deutlich mit 5:2. Nach so einem Start muss man erstmal so auf diese Art & Weise zurückkommen. Das zeigt die Moral der Truppe und hat mich beeindruckt, genauso muss es sein!“

Dein Vater ist einer der treusten Fans unseres Vereins und bei fast jedem Spiel im Stadion. Auch vor Auswärtsspielen in Sonneberg hat er keinen Halt gemacht. Wie sprecht ihr insbesondere über solche Spiele?
Christian Seeber: „Ja, mein Vater hat eine Dauerkarte und hatte sich damals (zusammen mit meiner Mutter) auf die Reise zu eurem Punktspiel nach Sonneberg gemacht. Als ich den Live-Ticker zum Spiel verfolgte, hatte ich ja schon ein bisschen Mitleid mit meinen Eltern.
Aber die beiden haben letzten Endes die Reise auch als Ausflug in die alte Heimat genutzt, denn die Beiden kommen ursprünglich aus dem südlichsten Thüringen.
Zurück zu deiner Frage. Mein Vater und ich sehen uns regelmäßig so ca. alle 14 Tage (zumindest bis Ende 2020 #Pandemie) und Fußball, natürlich auch Blau-Weiß, ist dann immer ein größeres Thema, da tauschen wir uns regelmäßig aus. Und wir sind uns da einig, dass man verlieren kann, solange man alles rausgehauen und gegeben hat. Wenn der Gegner trotzdem besser war, muss man das akzeptieren, seine Lehren daraus ziehen  und den Mund abputzen. Wichtig ist, dass man auch nach solch herben Niederlagen wieder aufsteht und das konnten wir ja zum Glück nach dem Debakel in Sonneberg im weiteren Saisonverlauf sehen.“ 

Hattest du es je in Erwägung gezogen auch einmal als Trainer aktiv zu sein?
Christian Seeber: „Nicht wirklich, dafür gab und gibt es immer deutlich qualifiziertere Leute. Man könnte sagen “Schuster bleib bei deinen Leisten.” Seine Grenzen sollte man da kennen.“

Wir haben dich als Rot-Weiß Erfurt Fan in Erinnerung behalten. Der Verein hatte zuletzt nicht nur für positive Schlagzeilen gesorgt. Wie betrachtest du die Situation beim RWE?
Christian Seeber: „Ja richtig, ich hege große Sympathien für die Rot-Weißen aus Erfurt. Die Situation ist ja nicht ganz so neu, der RWE hat schon so manches tiefes Tal durchschritten. Die Situation beim RWE ist sicherlich schwierig, da gibt es viele verschiedene Gründe warum es so ist, wie es ist. Ich hoffe nur, das Herr Gerber und sein Team wieder Ruhe und Zusammenhalt in den Verein bringen, gesunde Strukturen festigen, damit dieser Traditionsverein wieder in ruhige Fahrwasser kommt und irgendwann auch wieder in der 3.Bundesliga spielt. Denn da gehört er für mich mindestens hin. Thüringen ist halt Rot-Weiß!“

Als die Meldung publik wurde, dass Ex-RWE-Profi Carsten Kammlott nach Bad Frankenhausen wechselt, welche Gedanken schossen dir in den Kopf?
Christian Seeber: „Nur ein Wort: Wahnsinn! Ich konnte es zunächst gar nicht glauben und war natürlich total begeistert, dass solch ein begnadeter Spieler den Weg zu BW91 gewählt hat, an attraktiven Angeboten anderer Vereine wird es mit Sicherheit nicht gemangelt haben. Ein echter Coup, da kann man dem Verein nur gratulieren. “Chipper” halte ich für einen sehr bodenständigen Typ, ein echter Gewinn für Mannschaft & Verein. Und für mich als RWE-Fan ist es natürlich eine umso größere Freude, das Carsten nun unsere Farben trägt und mit seinen Leistungen hilft die Ziele zu verwirklichen. Eine rundum tolle Sache!“

Was wünschst du dir für die Zukunft des Vereins?
Christian Seeber: „Das man in allen Bereichen einfach so weiter macht wie bisher. Wenn man es aus der Kyffhäuserliga bis in die höchste Liga Thüringens schafft, kann man unmöglich viel falsch gemacht haben, sondern hat offenbar schlichtweg sehr viel richtig gemacht! Besonders wichtig ist es meiner Meinung nach, dass man immer den eigenen Nachwuchs optimal fördert, um möglichst viele Jungs aus dem eigenen Nachwuchs später im Männerbereich etablieren zu können. Denn Spieler mit blau-weißer DNA sind meiner Meinung nach elementar. Auch das macht der Verein sehr gut, hat eine gesunde Mischung aus eigenen Nachwuchskickern und punktuell gezielten Verstärkungen in beiden Männermannschaften. Zudem wünsche ich mir für die Zukunft des Vereins, dass man in allen Vereinsabteilungen so gut wie bisher zusammen arbeitet, der starke Zusammenhalt und die familiäre Struktur erhalten bleibt und das sich die 1.Männermannschaft  dauerhaft in der Thüringenliga als Aushängeschild des Kyffhäuserkreises, bzw. des Nordthüringer Raumes, etabliert. Maximale Erfolge, einmal blauweiß, immer blauweiß! “Ich habe fertig!”  

Vielen Dank, Bundy!